Aufgeklappter Laptop in Betrieb mit Blinden-Tastaturmodul angeschlossen
Usability & UX Design Blog

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 

Seit Juli 2021 ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ein wichtiger Meilenstein in der deutschen Gesetzgebung. Es zielt darauf ab, digitale Angebote für Menschen mit Behinderungen oder Alterseinschränkungen zugänglicher zu machen. Das Gesetz, das die europäische Barrierefreiheitsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/882 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen) umsetzt, wird ab dem 28. Juni 2025 verbindlich sein.

Was besagt das BFSG?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz legt fest, dass Produkte und Dienstleistungen, insbesondere im E-Commerce, ab dem 28. Juni 2025 bestimmte Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen müssen. Dies betrifft nicht nur physische Elektronikprodukte wie Computer oder Smartphones, sondern auch Dienstleistungen, die online erbracht werden, z. B. Online-Shops. Dabei liegt der Fokus auf der Zugänglichkeit dieser Webkanäle für Menschen mit Behinderungen sowie für Personen mit unterschiedlichen Hör-, Bewegungs-, Seh- und kognitiven Fähigkeiten. Das stellt ganz besondere Anforderungen an das UX/UI Konzept. 

Barrierefreiheit im Web: Warum ist das wichtig?

Die Anforderungen des BFSG zielen darauf ab, dass Online-Shops für alle Menschen gleichermaßen zugänglich und nutzbar sind. Das bedeutet, dass der Vertriebskanal so gestaltet sein muss, dass er unabhängig von Hardware, Software, Sprache, Ort oder Fähigkeiten nutzbar ist. Ein barrierefreier Webauftritt ermöglicht es allen Personen, die Website wahrzunehmen, zu verstehen, zu navigieren und mit ihr zu interagieren. Dabei profitieren nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch ältere Menschen, Menschen mit vorübergehenden oder situativen Einschränkungen sowie Personen mit langsamer Internetverbindung oder kleinen Bildschirmen.

Für mehr Zugänglichkeit im Online-Handel

Es gibt verschiedene Barrieren, die die Barrierefreiheit von Websites einschränken können. Dazu gehören Probleme wie schlecht erkennbare Textelemente, fehlende Unterstützung für Screenreader, unzureichender Kontrast bei Farben und Schriftarten sowie komplizierte Sprache oder Satzstrukturen. Durch die Anforderungen des BFSG sollen solche Barrieren überwunden werden, indem beispielsweise Texte klar vom Hintergrund abgehoben werden, alternative Formate für nicht-textuellen Inhalt angeboten werden und die Bedienung der Webseite auch ohne Maus möglich ist.

Anforderungen und Maßnahmen

Gemäß § 12 der Rechtsverordnung zum BFSG müssen Informationen auf den relevanten Vertriebskanälen über mehrere Sinne zugänglich sein, verständlich und auffindbar dargestellt werden und in einer angemessenen Größe und Kontrast dargestellt werden. Zudem müssen digitale Informationen konsistent und angemessen bereitgestellt werden und eine alternative Darstellung des Inhalts angeboten werden, wenn Elemente nicht-textuellen Inhalts enthalten sind. Zur Sicherstellung der Konformität mit den Barrierefreiheitsanforderungen sind Maßnahmen wie die Bereitstellung von Informationen zur technischen Umsetzung und die Einhaltung der Anforderungen erforderlich. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 100.000 €.

 


 

Checkliste für einen barrierefreien Webauftritt

  • Informationen auf mehr als einem sensorischen Kanal auf relevanten Vertriebskanälen
  • Informationen sind für den Verbraucher auffindbar
  • Informationen sind verständlich aufbereitet
  • Präsentation in wahrnehmbarer Weise
  • Textformat für alternative Hilfsformate geeignet
  • Angemessene Schriftgröße, Kontrast und Abstand
  • Angebot einer alternativen Darstellung für nicht-textliche Inhalte
  • Konsistente und angemessene Bereitstellung digitaler Informationen
  • Konsistente und angemessene Gestaltung von Websites und mobilen Anwendungen
  • Leicht auffindbare Informationen (z.B. in AGBs) zur technischen Umsetzung der Barrierefreiheit

 


 

Für wen gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgestz, wer ist ausgenommen? 

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) setzt wichtige Standards für die Zugänglichkeit im Online-Handel. Allerdings gibt es Ausnahmen: Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro sind nach § 2 Nummer 17 BFSG befreit. Ebenso gilt dies für Unternehmen, für die die Einhaltung der Anforderungen eine unverhältnismäßige Belastung nach § 17 BFSG darstellt. Weiterhin zählen Business-to-Business (B2B) Verkaufskanäle zu den Freistellungen des Gesetzesgeltungsbereichs. Eine weitere Ausnahme stellen Webseiten dar, auf der Dienstleistungen des elektronischen Geschäftsverkehrs nicht nachgegangen und auf denen keinerlei Handel betrieben wird.

Vorteile der Barrierefreiheit

Die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen bringt nicht nur Menschen mit Behinderungen Vorteile, auch die Gesellschaft profitiert als Ganzes. Insbesondere angesichts des demographischen Wandels und einer älter werdenden Bevölkerung wird Barrierefreiheit zu einem Qualitätsmerkmal und Wettbewerbsvorteil. Zudem macht die Erfüllung der Anforderungen des BFSG Unternehmen fit für die Zukunft, da mögliche Ausweitungen des Geltungsbereichs des Gesetzes in Zukunft erwartet werden.

 

Fazit

Insgesamt ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ein bedeutender Schritt hin zu mehr Inklusion und Chancengleichheit im Online-Handel. Durch die Erfüllung der Anforderungen können Unternehmen nicht nur rechtlichen Verpflichtungen nachkommen, sondern auch neue Kundengruppen erschließen und sich als Vorreiter in Sachen Barrierefreiheit positionieren.